Investieren in China? Ja, aber…

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Die Anlageregion China überzeugt mit hohem Wachstum und niedrigen Bewertungen. Andererseits mehren sich die Risiken: Covid grassiert, die Immobilienmärkte überhitzen, der Taiwan-Konflikt schwelt. Zeit für skeptischen Optimismus.

Ein Blick auf die globale wirtschaftliche Lage zeigt schnell: China gehört trotz einer Verlangsamung voraussichtlich auch in diesem Jahr wieder zu den am schnellsten wachsenden Regionen der Welt – und damit quasi zu den natürlichen Investmentzielen für ein globales Anlageportfolio. Zudem sind die Kurse an den Aktienmärkten zuletzt auf breiter Front gefallen. Maßgebliche Indizes wie der Hang Seng in Hongkong, der CSI 300 und der MSCI China standen in den vergangenen Monaten stark unter Druck. Im Ergebnis werden Chinas Aktien aktuell, verglichen mit anderen Märkten, zu besonders niedrigen Bewertungen gehandelt.

Nichts wie hin also mit dem Geld ins Reich der Mitte? So einfach ist die Sache nicht. Denn auch wenn die mittelfristigen Wachstumsaussichten intakt scheinen und die Kursverluste der Vormonate mögliche weitere Einbrüche abpuffern dürften, hat der Staat aktuell mindestens drei Probleme zu bewältigen.

Covid, Häuser, Krieg: Chinas ungelöste Probleme

  • Erstens ist da der akute Ausbruch der Omikron-Variante des Coronavirus im Land. Das Virus ist inzwischen offenbar so ansteckend (und die heimische Impfung so schwach), dass die Null-Covid-Strategie der Staatsführung vor dem Scheitern steht: Hunderte Millionen Chinesen sind nach jüngsten Medienberichten auf unbestimmte Zeit im Lockdown beziehungsweise Ruhemodus, wie es offiziell heißt1. Die Hafenstadt Shanghai etwa ist weitgehend lahmgelegt, was den Welthandel längst massiv einschränkt. Trotzdem steigen die Infektionszahlen weiter.
  • Zweitens hat das Land weiterhin mit Einbrüchen am Immobilienmarkt zu kämpfen. Zur Erinnerung: Im Herbst 2021 stand der größte chinesische Immobilienentwickler Evergrande vor der Pleite. Der Staat griff in letzter Minute ein, verhinderte die Insolvenz. Seither sind die Neuinvestitionen im Bausektor eingebrochen, die Häuserpreise in den großen Städten sinken – beides Zeichen für anhaltende Unsicherheit.
  • Drittens ist und bleibt der Krieg in der Ukraine ein Risikofaktor. Hier verhält sich China neutral bis wohlwollend Russland gegenüber. Man bemüht sich einerseits um ein gutes Verhältnis unter Autokraten, fürchtet andererseits, bei zu eindeutiger Parteinahme könnten Sanktionen des Westens folgen. Über diesen Eiertanz der Staatsführung habe ich mit China-Kenner Sebastian Heilmann von der Uni Trier in meinem jüngsten Podcast Er fürchtet, dass Chinas Beziehungen zum Westen mit diesem Krieg vor einer fundamentalen Neubewertung stehen, politisch und auch wirtschaftlich. Zumal der Ukraine-Krieg auch den Taiwan-Konflikt anheizen könnte.

Kurzum: Chinas Covid-Politik könnte scheitern, die Immobilienmärkte überhitzen, und die Gräben zum Westen könnten sich vertiefen. In diesem Szenario würde Chinas jahrelange Wachstumsstory enden, sagt Heilmann – was auch den Westen Wohlstand kosten dürfte. Wer nicht ganz so schwarzsieht, wird anerkennen, dass China selbst das größte Interesse daran hat, den Aufstieg im Land fortzusetzen, auch über den Ausbau des Welthandels. Zudem ist der Staat dank hoher Finanzreserven und seiner überaus handlungsfähigen Notenbank in der Lage, die Konjunktur in Krisen wirksam zu unterstützen.

Was also tun? Mein Rat lautet: Es ist klug, die Region China bei der Anlagestrategie zu berücksichtigen, sei es als renditeträchtige Beimischung auf der Aktienseite oder zur Risikostreuung mithilfe von China-Anleihen. Genauso klug ist es, in abwartender Haltung die kurzfristigen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen zu verfolgen, um Chancen zu nutzen und flexibel zu bleiben. Gegenüber China zählt bis auf Weiteres die Strategie des vorsichtigen Optimismus.

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